Veranstaltung: | 58. Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen in Chemnitz - Listenparteitag zur Landtagswahl 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 4 Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesversammlung |
Beschlossen am: | 15.03.2024 |
Eingereicht: | 19.03.2024, 11:45 |
Dringlichkeitsantrag: Bezahlkarten für Geflüchtete in Sachsen ohne Einschränkungen für Betroffene
Beschlusstext
Wir BÜNDNISGRÜNE distanzieren uns von rechten Narrativen, welche im Zusammenhang
mit der Einführung von Bezahlkarten für Geflüchtete verwendet werden. Die Logik,
dass durch Bezahlkarten “Pull-Faktoren” verringert werden, weil kein Geld mehr
in Heimatländer überwiesen wird, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen und
höchst fragwürdig. Außerdem dürfen Geflüchtete nicht unter Generalverdacht
gestellt werden, indem ihnen pauschal Kriminalität oder die Unterstützung dieser
unterstellt wird. Wesentliches Ziel einer Bezahlkarte muss sein,
Verwaltungsverfahren sowohl für Geflüchtete als auch für die Behörden zu
vereinfachen und zu beschleunigen.
Wir sehen die Gefahr, dass Geflüchtete durch Einschränkungen der Bezahlkarte
ihrer Grundrechte massiv beraubt werden, indem man ihnen alltägliche
Entscheidungsfreiheiten nimmt. Dies bewerten wir als extrem menschenunwürdig. Es
widerspricht nicht nur unserem bündnisgrünen Verständnis von Menschenrechten und
humaner Asylpolitik, sondern den in unserer Verfassung verankerten Grundrechten.
Daher sehen wir uns als Regierungspartei in der Verantwortung auf diese Umstände
verstärkt anzusprechen und darauf hinzuarbeiten, dass die von der CDU, unserem
Koalitionspartner, verantwortete Ausgestaltung der Bezahlkarte durch inhumane
Rahmenbedingungen auf dem Rücken von geflüchteten Menschen ausgetragen wird.
Dazu zählt unter anderem, dass wir BÜNDNISGRÜNE den Innenminister und die
Kommunen auffordern, bei der Einführung einer Bezahlkarte dafür Sorge zu tragen,
dass diese diskriminierungsfrei ausgestaltet ist und Integration und Teilhabe
dadurch nicht negativ beeinträchtigt werden. Wir BÜNDNISGRÜNE fordern zudem vom
Bundesgesetzgeber Regelungen zu Mindeststandards in das
Asylbewerberleistungsgesetz aufzunehmen. Folgende Punkte sind dabei für uns
zentral:
- Die Karte muss bundesweit anwendbar sein: Um die Bewegungsfreiheit von
Geflüchteten nicht zu beschränken, ist es unabdingbar, dass die
Bezahlkarte überall in Deutschland ohne jegliche regionale Einschränkungen
akzeptiert wird. Dies unterstützt die Möglichkeit, familiäre, soziale und
berufliche Netzwerke aufzubauen und zu pflegen, die für eine erfolgreiche
Integration wesentlich sind.
- Uneingeschränkte Bargeldabhebungen: Die Möglichkeit, Bargeld abzuheben,
muss ohne Limitierungen gewährleistet sein. Dies trägt der Tatsache
Rechnung, dass viele Alltagsgeschäfte, wie der Einkauf in lokalen Märkten
oder die Teilnahme an kulturellen und bildungsbezogenen Veranstaltungen,
Barzahlung erfordern.
- Kein Ausschluss von Online-Handel oder bestimmten Händlergruppen: Die
Bezahlkarte darf keinen Einschränkungen unterliegen, die den Zugang zu
bestimmten Händlergruppen, Branchen, Dienstleistungen oder dem Online-
Handel verhindern. Die uneingeschränkte Nutzung der Karte fördert die
Selbstbestimmung und ermöglicht Geflüchteten, Produkte und
Dienstleistungen nach ihren Bedürfnissen auszuwählen.
- Keine Einschränkungen bei Konsumgütern: Es darf keine Beschränkung der
Karte bei der Anschaffung von Konsumgütern, einschließlich Alkohol oder
Tabak, geben. Einschränkungen dieser Art würden nicht nur die persönliche
Freiheit beschneiden, sondern auch die Gleichbehandlung gegenüber anderen
Bürgern in Frage stellen.
- Sicherstellung des Datenschutzes und der informationellen
Selbstbestimmung: Der Schutz personenbezogener Daten muss gewährleistet
sein. Die Verwendung der Bezahlkarte darf nicht zu einer unzulässigen
Überwachung oder zum Missbrauch persönlicher Informationen führen.
- Einzelpersonenbezogene Karten: Jede/r erwachsene/r Geflüchtete muss eine
eigene Bezahlkarte erhalten, um individuelle Freiheit und Unabhängigkeit
zu sichern.
- Priorität von Geldleistungen für Personen in privaten Wohnverhältnissen:
Um ein selbstbestimmtes Leben zu fördern, sollten für Personen, die in
einer eigenen Wohnung leben, weiterhin Geldleistungen im Vordergrund
stehen.
- Abschaffung von Arbeitsverboten: Die vollständige Aufhebung von
Arbeitsverboten für Geflüchtete ist essenziell, um Integration und
Selbstständigkeit zu fördern und den Zugang zum Arbeitsmarkt zu
erleichtern.
Außerdem soll die Eröffnung von regulären Bankkonten für Geflüchtete deutlich
beschleunigt werden.
Begründung
Dringlichkeitsantrag. Begründung erfolgt mündlich.